Rebenbiotechnologie
Viruseliminierung aus Reben
Viruserkrankungen verringern die Leistungsfähigkeit der Weinreben. Die Folgen sind Verlust der Ertragsstabilität und geringe Qualität. Eine Gesundung der Rebe durch Pflanzenschutzmaßnahmen ist nicht möglich, so dass die Entfernung des Rebstockes, unter Umständen sogar die Rodung der gesamten Anlage, notwendig wird.
Die Übertragung der für die deutschen Weinanbaugebiete am meisten relevanten Viruserkrankungen erfolgt durch im Boden lebende Fadenwürmer (Nematoden). Die wichtigste Viruserkrankung ist die Reisigkrankheit der Reben, ausgelöst durch das Grapevine Fanleaf Virus (GFLV) oder auch andere durch Nematoden übertragbare Viren. Nachdem seit den 90-iger Jahren die chemische Entseuchung des Bodens als sanitäre Maßnahme zur Eliminierung der Virusüberträger verboten wurde, sind Viruserkrankungen bereits in junge Anlagen zu beobachten. In diesen Fällen ist der wirtschaftliche Schaden erheblich. Die Reisigkrankheit ist zwar die häufigste, jedoch nicht die einzige Virose, die in den Deutschen Weinbaugebieten Schäden verursacht.
Die Blattrollkrankheit, wird in den Deutschen Weinbaugebieten durch die Typen 1 und 3 des Grapevine Leafroll associated Virus (GLRaV) hervorgerufen. Weltweit ist die Blattrollkrankheit die verbreitetste Rebvirose. Als Überträger im Weinberg werden potentiell verschiedene Schild- und Schmierlaus-Arten angesehen. Die Übertragung kann aber bei beiden Krankheiten im Zuge der Rebveredelung erfolgen. Da es keine direkten Bekämpfungsmaßnahmen gegen diese Viruskrankheiten gibt, und auch keine natürlichen Resistenzquellen vorliegen, bleibt nur sorgfältige Kontrolle der Vermehrungsbestände und ausschließliche Verwendung gesunden Pflanzgutes.
In vitro-Reben im Prozess der Virusfreimachung durch Thermotherapie: Die steril gehaltenen Pflanzen werden auf Nährmedium mittels eines optimierten Licht- und Temperaturregimes zu schnellem Wachstum gebracht. Nach mehreren Passagen werden die Pflanzen in Erde verbracht und nach Kultivierung im Gewächshaus immunologisch auf Virusfreiheit getestet.
Zusätzlich problematisch stellt sich die Situation dar, wenn seltene Klone oder Sorten nur noch als virusinfiziertes Material vorliegen (Sortensammlungen). Da auch virusbefallene Reben nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, bleibt als einziger Ausweg die Viruseliminierung.
Bei vegetativ vermehrten Kulturpflanzen ist die Gewinnung virusfreier Klone, die als Basis für die Erhaltungszüchtung dienen, eine der wichtigsten Maßnahmen der Virusbekämpfung. Prinzipiell stehen dafür verschiedene Methoden zur Verfügung: Chemotherapie, Thermotherapie und somatische Embryogenese und Regeneration. Dabei werden im Fall von Chemotherapie und Thermotherapie in vitro-Kulturen von Sprossspitzen angelegt, und entweder mit antiviralen Agenzien oder einem bestimmten Temperatur- und Belichtungsregime behandelt. Durch schnelles Wachstum und mehrfacher Übertragung der Sprossspitzen kann je nach Art der vorliegenden Viren deren Eliminierung aus dem Gewebe erreicht werden. Bei manchen Viren sind diese Methoden allerdings nicht ausreichend, so dass man den aufwendigeren Weg der Erzeugung somatischer embryogener Zellkulturen gehen muss. Bei diesem Dedifferenzierungsprozess und der Regeneration ganzer Pflanzen kann die Virusinfektion vollständig beseitigt werden.